Ein unerwartetes Zusammentreffen mit Mufflons
Es war ein absoluter Zufall. Eigentlich wollten wir an jenem Tag im Norden von Teneriffa wandern gehen. Doch es regnete stark und sah Richtung Norden sehr dunkel aus. Und so beschlossen wir im Südwesten zu bleiben und hoch über Arguayo Richtung Teide Nationalpark eine kleine Runde zu gehen. Und obwohl das Wetter mit ein wenig Regen, Wolken und auch Sonne durchwachsen war, wanderten wir Richtung Teide. Plötzlich und völlig unerwartet stand eine Gruppe von 8 Mufflons vor uns. Ich konnte es zunächst gar nicht glauben, da ich diese scheuen Tiere über so viele Jahre auf Teneriffa mit unendlich vielen Wanderungen bislang nie gesehen hatte.
Erst dachte ich, dass es vielleicht doch wilde Ziegen seien. Doch bei genauer Betrachtung erkannte ich an Farbe und den gebogenen Hörnern der männlichen Tiere, dass es tatsächlich Mufflons waren. Ein wunderschöner Augenblick. Und die Tiere standen nicht weit von uns. Merkwürdig, dass sie nicht sofort wegrannten. Sie schauten uns an und wir schauten sie an. Auf beiden Seiten ungläubiges Staunen. Hatten sie uns nicht gehört oder gewittert? Normalerweise gelten Mufflons als sehr scheu und können Menschen bis zu einem Kilometer weit sehen. Doch auf einmal fingen die Mufflons an fort zu rennen. Sie taten das genau so, wie Mufflons im Fluchtmodus laufen, nämlich in einer langen Reihe hintereinander. Auch das sah schön aus. Ich stand noch einige Zeit ungläubig da und freute mich an dieser ungewöhnlichen Begegnung.
Recherche zum Mufflon
Diese beeindruckende Begegnung nahm ich zum Anlass, um ein wenig über die Mufflons im Allgemeinen und im Besonderen auf Teneriffa zu recherchieren. Ich las auf der Seite des Nationalparkamtes und in den Zeitungen Eldía und Diario de Avisos. Und auch auf YouTube wurde ich fündig. Nachdem ich mit der Recherche fertig war, war ich auch fertig. Denn ich erfuhr, warum ich ich nie Mufflons auf Teneriffa gesehen hatte. Im letzten Jahr gab es laut Nationalparkamt nur noch 70-125 Exemplare auf der Insel und diese werden 4 Monate im Jahr weiterhin gnadenlos gejagt. So grenzt es ja tatsächlich an ein Wunder, dass wir das Glück hatten, wenigstens ein einziges Mal diese Tiere zu Gesicht zu bekommen.
Ich las über Mufflons und speziell über die Geschichte des Mufflons auf Teneriffa. Und ich fand „leider“ auch viele Filme auf YouTube, die von Mufflon Jägern und ihrer Jagd auf Mufflons handeln. Einer dieser Jäger postete sogar stolz ein Bild mit einem toten Mufflon in den sozialen Medien (Bericht aus EL DíA), was ihm dann jedoch zum Glück nicht nur den gewünschten Beifall brachte. Auf die Videos und die vielen Geschichten über das gefährliche Mufflon möchte ich hier gar nicht weiter eingehen. Schaut euch zu dem Thema einfach selbst mal auf YouTube um.
Woher kommen Mufflons und wo gibt es sie heute?
Generell werden als Mufflon (Ovis orientalis)mehrere Unterarten des Wildschafs zusammengefasst. Im engeren Sinne wird damit die Unterart das Europäische Mufflon bezeichnet. Mufflons sind ungefähr 130 Zentimeter lang und weisen eine Körperhöhe von 90 Zentimeter auf. Widder wiegen gewöhnlich um die 50 Kilogramm und Schafe 35 Kilogramm. Die Widder haben markante nach hinten gebogene gekrümmte Hörner. Die Weibchen und Lämmer bilden Herden, während die Böcke nur zur Paarungszeit zu den Herden stoßen. Da die Paarungszeit zwischen September und November ist, hatte ich das Glück, die Herde zusammen und so auch mit Böcken zu sehen.
Heute gibt es das Mufflon noch im Kaukasus, in Anatolien, im nördlichen Irak sowie im nordwestlichen Iran. Seit dem 16. Jahrhundert ist das Mufflon in vielen Gegenden Europas als Jagdwild ausgewildert worden. Das Europäische Mufflon (Ovid Orientalin musimon) gelangte im 5. Jahrtausend vor Chr. nach Korsika und Sardinien und so nach Europa. Das ist auch die Gattung Mufflons, die man hier auf Teneriffa im Moment noch finden kann.
Die Geschichte des Mufflons auf Teneriffa
Ende der 1960er Jahre wollte der Jagdverband von Teneriffa “die Landschaft der Insel mit einigen dekorativen Elementen aus dem Tierreich und mit Großwildarten versehen“. Ziel war es, “Tiere nach Teneriffa zu bringen, die die Berge verschönern würden”, und das alles mit dem Einverständnis von Politikern und Jägern. Und so kamen neben anderen nicht endemischen Tieren im Jahr 1971 mit einem deutschen Flugzeug 11 Mufflons, vier Männchen und sieben Weibchen, nach Teneriffa, die in den Cañadas ausgewildert wurden. Über mögliche Folgen für die Tiere und die Pflanzenwelt Teneriffas machte man sich zu dieser Zeit keine Sorgen. Scherzhaft wurden die Mufflons damals noch zur Franco Zeit auch „Francos Schafe“ genannt.
Nach und nach erkannte man über die Jahre, dass das Mufflon ein Pflanzenfresser ist, der sich von krautigen Pflanzen ernährt. So fressen die Mufflons unter anderen auch Pflanzen wie den endemischen Teideginster und die Silberdistel. Über die Jahre gab es zahlreiche Studien und Untersuchungen zum Fressverhalten der Mufflons. Natürlich fielen diese alle unterschiedlich aus. Ein Gutachten besagte, dass in den aufgeschnittenen Mägen der Tiere insgesamt 22 endemische Pflanzenarten identifiziert worden seien. Auch machte man sich nach und nach immer mehr Gedanken über die Verbreitung der Population, die ihre Höchstphase in den 90ger Jahren mit knapp 600 Exemplaren von Mufflons hatte. Einige Verbände forderten und fordern heute noch die sofortige absolute Ausrottung der Mufflons. Die Jäger hingegen möchten die Population laut Antonio Porras vom Jagdverband der Insel Teneriffa hingegen lieber weiter kontrollieren. Kontrolle verbunden mit weiterem Jagdvergnügen.
Jagd auf das Mufflon
Die Mufflonjagd ist auf Teneriffa seit 1977 erlaubt, und derzeit gibt es zwei Jagdzeiten, eine im Frühjahr und eine im Herbst. Etwa 1.000 Jäger, so Porras, gehen in 47 Jagdgruppen mit jeweils 20 bis 25 Personen auf die Jagd. Jedes Jahr erlegen sie etwa hundert Exemplare. In dieser Zeit sind die Wanderwege gesperrt. Darüber hatte ich auch bereits mehrfach auf SiebenInseln berichtet. Mufflons und Kaninchen, die übrigens auch endemische Pflanzen nicht verachten, werden seit 1977 mit Hunden und Gewehr gejagt. Neben der legalen Jagd gibt es auch immer wieder Berichte über Jäger, die ohne Erlaubnis auf Mufflonjagd gehen. So grenzt wohl tatsächlich an ein Wunder, dass es überhaupt noch Mufflons auf Teneriffa gibt.
Auf Teneriffa leben diese wenigen Exemplare im Teide-Nationalpark und im Naturpark La Corona Forestal, auf den Gipfeln der Nordlinie ab 1.800 bis 2.300 Metern und auf den Gipfeln im Süden, wo man Mufflons häufiger auf 1.400 bis 3.100 Metern antrifft. Das Mufflon bevorzugt Lebensräume mit Lava von rauer Eigenschaft. Natürliche Feinde hat das Mufflon auf Teneriffa nicht. Nur den Menschen, der es hergeholt und gejagt hat und es nun ausrotten möchte.
Und zum Schluss – das letzte Mufflon?
Es gibt jedoch vereinzelt auch noch Stimmen, die die Mufflons erhalten möchten. So spricht sich die engagierte Tierschützerin und Koordinatorin der PACMA (Partido Animalista Contra el Maltrato Animal) Iris Sánchez, eine engagierte Kämpferin auch gegen das Hundeleid auf der Insel, gegen die Ausrottung des Mufflons aus. Doch wie wird es weitergehen? Ich hoffe nicht, dass es mit dem Mufflon so endet, wie in diesem kanarischen kleinen YouTube Film aus dem Jahr 2023 – das letzte Mufflon.
Einen weiteren schönen Artikel über Mufflons findest du auch hier.
Es ist schon himmeltraurig , wenn die Regierung die Mufflon ausrotten läßt , egal was für Gründe sie dazu bewegt . Danke für diesen einmaligen, umfassenden aber auch traurigen Bericht
Ja, so sehe ich das auch. Daher war es mir sehr wichtig darüber zu schreiben.